Wie wir die alte Heimat
kennen lernten…

- Reisebericht über unseren 7-tägigen Urlaub in Silberbach –

Nachdem ich im April 2009 das erste Mal seit unserem ersten Besuch 1990 Silberbach betrat,
war ich von dem Ort und seiner Geschichte fasziniert – ich recherchierte seitdem viel, machte
mehrere Ausflüge dorthin, befragte meine Familie und ehemalige Silberbacher und forschte
noch mehr – doch was mir noch fehlte war ein längerer Aufenthalt, das Gefühl, einmal wirklich
und wahrhaftig (wenn auch nur für 7 Tage) dort zu sein, statt nur zu Besuch.

Dies realisierten wir vom 29.08.2009 – 05.09.2009. Im Internet fanden wir eine Möglichkeit, uns
ein Ferienhaus in Silberbach sehr günstig zu mieten. Nun möchte ich euch ein wenig an
unserer Erkundungsreise teilhaben lassen:

Samstag: Anfahrt
Gegen Mittag fuhren wir los. Wir entschieden uns, über den Grenzübergang Klingenthal zu fahren. Wir vertrödelten

einige Zeit auf der Fahrt und beim Tanken und hatten, als wir in Silberbach ankamen, nur noch Zeit für den Friedhof,
um die Grabstätte meiner Ur-Urgroßeltern Franz und Anna Lausmann zu besuchen. Die Grabinschrift war längst
verschwunden, aber durch ein altes Foto des Grabes aus dem Familienalbum konnten wir es dennoch ausfindig
machen. Das Grab meines Ur-Urgroßvaters Johann Hochmuth war leider nicht mehr da – und diejenigen,
die den Platz noch kennen könnten, weilen leider längst nicht mehr unter uns.

Nun war es aber an der Zeit, der Wegbeschreibung aus den Urlaubsunterlagen zu unserem Ferienhaus zu folgen,
um sich dort mit dem tschechischen Vermieter zur Schlüsselübergabe zu treffen. Ein bisschen mulmig war uns
schon zumute, da wir nicht wussten, ob das bisschen Tschechisch, das wir uns für die Reise angeeignet hatten,
ausreichen würde.

Unsere Zweifel waren aber völlig unbegründet, da der Vermieter (ein sehr netter und freundlicher Geselle) gut
Deutsch sprechen konnte. Er zeigte uns das Wichtigste und verabschiedete sich mit den Worten „Bis Samstag!“.

Wir erforschten das Haus und entdeckten sogar die frühere Hausnummer. Laut Häuserliste gehörte es einst Adolf
Böhm - Farbmühle. Es wurde 2004 umgebaut und war einfach traumhaft. Solch Luxus hatten wir für den günstigen
Preis wirklich nicht erwartet. Hellauf begeistert gingen wir, trotz der relativ kurzen Anfahrt, sehr schnell zu Bett. Es
war ein herrliches Gefühl nun dort einzuschlafen, wo meine Familie mit dem Herzen zuhause war und es bis heute
blieb. Ehrlich gesagt, hänge ich nun auch schon seit einiger Zeit sehr an dem Ort, zu dem ich eine starke
Heimatverbundenheit aufgebaut habe.


Sonntag:
Wegen des schlechten Wetters konnten wir – abgesehen von einem kleinen Spaziergang durch die
Farbmühle – nichts weiter unternehmen. Was mir jedoch gespenstisch vorkam war das Haus, das wir hinter
unserem Ferienhaus entdeckten, das ein Duplikat des Gasthofes meiner Vorfahren hätte sein können.



Montag:
Nach einem ausgiebigen Frühstück packten wir unsere Rucksäcke und fuhren los. Unser Ziel war der oberste
Punkt des Peterwinkels, wo wir das Auto abstellten und unsere Wanderung linkerhand in den Wald begannen.
Ich war der festen Überzeugung, dass uns der Weg zum Matzenwinkel führen würde – jedoch sahen wir nach
ca. einer halben Stunde, dass wir uns darüber befanden. Also liefen wir zurück, fuhren die Hofwiese hinunter
und parkten vor dem Konsumgebäude (wo früher Gasthaus und die Fleischerei meiner Ahnen standen). Dort
nahmen wir den mir einzig bekannten Weg zum bislang unerforschten Matzenwinkel – den Birkelweg unterhalb
des Hofberges. Nach einer Weile lichtete sich der Pfad und wir entdeckten eine Holzbank, von der aus man
einen wundervollen Ausblick auf den Ortsteil Hof und die Hofwiese hatte. Vorbei an einigen Vogelbeerbäumen
erreichten wir nun auch den Matzenwinkel. Dort waren sehr viele neu gebaute Häuser zu sehen, doch das Haus
meiner Vorfahren (Haus 52) konnten wir nicht mehr entdecken. Dafür aber das Felsengebilde, das ich von einem
uralten Foto her kannte (Wonl-Felsen?). Wir bogen am Peterwinkel ab, liefen die Hofwiese hinunter, bogen noch
einmal links zum Pumawinkel ab und konnten sogar noch einmal von dort aus den Matzenwinkel aus der Ferne
sehen. Wieder beim Auto stellten wir fest, dass wir den ganzen Tag gelaufen waren.



Dienstag:
Dies war ein besonderer Tag, denn wir nahmen uns vor, das erste Mal den Spitzberg zu erklimmen. Das Auto
parkten wir am Peterwinkel und liefen den Reitsteig hinauf. Viel Gutes haben wir schon von meiner Großtante
und meinem Großvater über den Berg gehört – und sie haben nicht zuviel versprochen: Der Ausblick war herrlich.
Der Gipfel ein Traum, die Felsen waren noch genau so, wie ich sie auf den alten Fotos sah. Wir trugen uns natürlich
ins Gipfelbuch ein und machten viele Fotos. Anschließend verweilten wir noch längere Zeit dort oben, bevor wir den
Weg nach unten antraten. Am Auto angelangt, fuhren wir noch nach Schwaderbach (Bublava), und aßen in einer Pension,
deren leckeres und günstiges Essen ich schon von meinen früheren Ausflügen nach Silberbach kannte. Nach dem
Essen machten wir einen kleinen Spaziergang durch das Dorf und erkundeten den Schwaderbacher Friedhof.

Mittwoch:
Am Vortag sahen wir auf unserem Weg zum Spitzberg eine Abzweigung nach Neudorf (Nova Ves). Meine
Ur-Ur-Urgroßeltern Wenzel und Ludmilla Hochmuth sowie ihre Söhne Johann und Franz stammten von
dort, weswegen wir dort auch unbedingt hin wollten.

Vorher aber ging es nach Frühbuß – aus alten Büchern und Geschichten wusste ich auch ein wenig
über den Ort, weshalb es auch ein fester Bestandteil unseres Reiseplans war. Leider war der Weg
über Nancy wegen einer Baustelle nicht befahrbar, weshalb wir über Graslitz nach Neudeck fahren
mussten. Wir hielten auf einem großen Parkplatz in der Mitte des Dorfes und durchwanderten es
voller Neugierde. Vor allem die Kirche war einige Fotos wert. Zum Ende unseres kurzen Abstechers
sahen wir uns noch auf dem Friedhof um und entdeckten einige Namen, die ich auch von daheim
(nördl. Oberpfalz) kannte – ob deren Vorfahren wohl auch aus dem Sudetenland stammten?

Laut Karte sollte es von Frühbuß auch einen Weg nach Neudorf geben, doch so sehr wir die Gegend
auch abfuhren, konnten wir die Abzweigung nicht sehen. Also zurück nach Silberbach, die Hofwiese
hinauf bis zum Peterwinkel und von dort aus den Reitsteig hinauf – ganz oben führte der Weg rechterhand
nach Neudorf. Dies verriet uns nach einigen Schritten auch ein Holzschild mit der Aufschrift „Nova Ves“.

Wir liefen durch einen malerischen, dichten Waldweg und kamen schließlich ganz oben an. Hinter dem Wald
war eine weite freie Fläche und dahinter sah man eine Ferienhaussiedlung. (Damals dachte ich, dies wäre
Alt-Neudorf, doch später erfuhr ich, dass die freie Fläche einst Neudorf war). Wir wollten wissen, wo die
Neudorfer Straße unten endete, da wir sie von Graslitz aus nicht fanden, mussten dann aber doch
den ursprünglichen Weg zurück, da ein Gewitter aufkam und das Auto noch am Peterwinkel stand.




Donnerstag:
Es regnete den ganzen Tag wie aus Kübeln, deshalb entschlossen wir uns, über die Grenze
nach Sachsen zu fahren und den Tag im Erlebnisbad des IFA-Ferienparks Schöneck zu verbringen.
Es war ein wunderschöner Tag und eine entspannende Abwechslung nach den vielen Wanderungen.



Freitag
Der Regen hielt an, jedoch klarte es gegen Mittag auf, also wanderten wir den Rollweg entlang. Mit großer
Freude stellte ich fest, dass das ehemalige Haus von „Wiesner Gustav“ – einem entfernt Verwandten - auch
noch stand und wunderschön hergerichtet war. Ich selbst wusste nicht, wo der steile Waldweg hinführte, aber
es gefiel mir, dass wir unser Ferienhaus auf der Farbmühle durch die Bäume hindurch sehen konnten. Oben
angekommen sahen wir einen großen Friedhof. Ich ging davon aus, noch in Silberbach zu sein und fragte
mich, ob es wohl noch einen älteren Friedhof, als den „am Bau“ gäbe. Erst als wir durch das Tor hindurch
in den oberen Bereich des völlig verwachsenen Friedhofes gingen, entdeckten wir ein Kreuz mit einem
Schild: „Zum Gedenken der Toten – Eibenberg, Grünberg“. Jetzt ging mir ein Licht auf! Wir waren also
in Eibenberg! Der Friedhof wirkte schaurig – vor allem das Leichenhaus!

Anschließend fuhren wir ins Tal Nancy. Dort parkten wir hinter dem Gedenkstein „End’ der Welt“ und
durchwanderten das Tal, bis uns der Regen überraschte. Nass, aber vollkommen erholt, blieben wir
anschließend den Abend über im Ferienhaus.


Samstag
Der Abschied von Silberbach fiel uns beiden schwer, hatten wir es doch in den letzten Tagen sehr lieb
gewonnen, doch packten wir unsere Sachen mit dem Vorsatz, bald wieder einen Ausflug dorthin zu machen.
Um 09:00 Uhr klopfte unser Vermieter an die Tür. Er rechnete die Verbrauchskosten ab, wir scherzten noch
eine kurze Weile mit ihm und fuhren dann los. Ein letztes Mal vor meiner Abreise besuchte ich das Grab meiner
Ahnen auf dem Friedhof, sprach ein kurzes Gebet und bedankte mich im Stillen für die wunderschöne Zeit
in dieser märchenhaften Umgebung. Danach traten wir schweren Herzens unsere Heimreise an.

Fazit
Wir hatten die Auswahl zwischen Urlaub am Meer und Silberbach. Da Verena in diesem Jahr schon in
Spanien war, überließ sie mir die Entscheidung. Im Nachhinein kann ich gerne zugeben, dass Silberbach
die goldrichtige Entscheidung war. Ich habe in diesen 7 Tagen so viele neue Seiten dieses nun sehr klein
gewordenen Dörfchens kennen gelernt. Manche Stellen und Waldwege weckten in mir ein sehr vertrautes
Gefühl und manches Mal konnte ich meine Ahnen in Gedanken über den Reitsteig oder manch anderen
Weg laufen sehen. Dies ist ein Phänomen, das mir schon von mehreren Nachfahren beschrieben wurde.
Ich schätze, die einstige Heimat liegt uns noch im Blut – in den Genen. Ich hoffe, dass dieses Gefühl
weiterhin so stark bleibt, so dass auch meine Kinder später einmal diese Heimatverbundenheit spüren
können, wenn sie auf dem Spitzberg, dem Hofberg, dem Esels- und Hirschberg stehen bzw. den Matzen-,
Peter- und Pumawinkel sowie alle anderen Ortsteile durchwandern.

Das einzig Negative an dieser 7-tägigen Erkundung meiner Wurzeln war, dass wir trotz der vielen Zeit
einiges auslassen mussten. Positiv daran ist aber, dass wir auch für die nächsten Male viele interessante
Reiseziele haben, bei denen es viel Neues zu entdecken gibt. Sicher ist auch, dass bereits für das nächste
Frühjahr bzw. den nächsten Sommer ein erneuter Urlaub in Silberbach geplant ist.

Benjamin Hochmuth
(Karlwenz)